Sonntag, 23. Mai 2010

Zum Antiatomcamp nach Mescherin

Endlich ist wieder Wochenende, diesmal sogar ein durch Pfingstmontag auf 3 freie Tagen verlängertes. Die Wettervorhersage sieht bis auf ein paar Schauer aus dem Nordosten gut aus. Ein Ziel ist schnell gefunden, Freund Volkmar hat neben 3 weiteren Möglichkeiten auch eine Fahrt zum Antiatomcamp in Mescherin auf Lager. Dort soll es ein Lagerfeuer und Live-Musik geben.
So treffen wir uns Pfingstsonnabend früh kurz nach 8 Uhr am Bahnhof Berlin-Mahlsdorf und verlassen auf kleinen Nebenstraßen das Berliner Stadtgebiet. Für solche langen Strecken nehme ich natürlich meinen Grashopper, Volkmar vertraut auf sein Dreigang-Herrenrad, sein gesamtes Gepäck befindet sich in einem riesigen Rucksack auf seinem Rücken. Bei warmen Temperaturen und bedeckten Himmel passieren wir Altlandsberg, Wesendahl und Strausberg und fahren auf dem dort beginnenden Radweg Richtung Oder. Doch schon nach kurzer Zeit müssen wir eine Zwangspause unter hohen Bäumen machen, es schüttet wie aus Kannen. Der morgendliche Blick auf das Regenradar hatte auch schon erahnen lassen, dass gerade heute im Odergebiet häufiger als zunächst vorhergesagt Schauer zu erwarten sind. Wir warten eine Weile, aber die Zeit drückt, denn immerhin müssen heute 150 Kilometer absolviert werden, und so fahren wir bei leichtem Regen weiter. Kurz vor Wriezen gibt es den nächsten Wolkenbruch, so dass wir uns in bei einem Netto in eine Bäckerei flüchten und erst einmal die angenehmen Seiten des Tourenradelns genießen.
Auch hier fahren wir bei Nieselregen weiter, der auf der zum Radweg umgebauten Bahnlinie zur Oder bald nachlässt.
Ab jetzt folgen wir dem Lauf der Oder nach Norden bis Mescherin. Die einfachste Variante, den Oder-Neiße Radweg zu nehmen und so auf dem gleichen Weg 100 Kilometer hin und wieder zurück zu fahren ist etwas langweilig und kommt nicht in Betracht.
Deshalb fahren wir bei Hohenwutzen auf die polnische Seite der Oder und lassen den Polenmarkt links liegen. Nun liegen noch ca. 70 Kilometer Strecke in Polen vor uns. Bis auf  wenige Ausnahmen, wie hier auf dem Bild bei einer Ortsdurchfahrt zu sehen, sind die Straßen gut ausgebaut und verkehrsarm. Allerdings ist das Höhenprofil alles andere als eben, und an manchen Steigungen muß Volkmar wegen seiner Dreigangschaltung das Rad schieben und des öfteren springt ihm die Kette ab.
Als es gerade mal wieder regnet sind wir am Grenzübergang nach Deutschland bei Schwedt. An einem Imbiss machen wir Rast und genehmigen uns

eine leckere Wurst und ein großes Bier :o) Ich nutze die Pause, um den Stecker am Nabendynamo zu reparieren. Bei Fahrt durch die dichten Wälder war mir aufgefallen, dass mein Licht nicht geht. Frisch gestärkt fahren wir weiter, vor Gryfino (Greifenhagen) werden die Straßen wieder voller. Positiv fallen mir die polnischen Autofahrer auf, viele haben anscheinend genug Zeit und rasen nicht, als ginge es um Tod oder Leben.
In Gryfino fällt uns die mächtige Kirche am Marktplatz auf. Wir beschließen, uns noch auf polnischer Seite zu stärken. Hier muss man allerdings in Landeswährung bezahlen, auf der anderen Oderseite in Deutschland gibt es in der Nähe keine größeren Städte und so bleiben die in Euro zahlenden Einkaufstouristen aus. Volkmar hat noch ein paar Zloty und es reicht gerade für zwei Bierchen :o)
Es ist Samstagabend und ganz schön viel los. Einige Jugendliche protzen mit ihren aufgemotzen Autos und lassen die Räder durchdrehen.
Andere verteilen kleine Cola-Dosen, auch wir gönnen uns den kleinen Energieschub zum Schluss.
Wir wechseln zum anderen Oderufer und kommen zu unserem Tagesziel, dem Antiatomcamp in Mescherin.
Es ist schon abends nach 7 Uhr und kaum was los. In einem Zelt bekommen wir vegane Kartoffelsuppe, an der für meinen Geschmack doch etwas Fleisch fehlt. Die Mücken starten zum Großangriff auf die neu dazugekommenen Blutspender und ich diesele mich erst mal mit Autan ein, das auch wirklich schlagartig dem Spuk ein Ende macht. Möglichst weit weg von gerade entzündeten Lagerfeuer baue ich mein Zelt am Rand von dem großen Naturlagerplatz auf und ziehe trockene Sachen an.
Dann geselle ich mich zu den Leuten am Feuer. Erst scheint es, als ob der Abend ohne ein Bier zu Ende gehen wird. Doch bald taucht ein Kasten Wernesgrüner auf, zwei Euro wechseln den Besitzer und Volkmar und ich bekommen eins. Die versprochene Band hat wegen zuwenig Gage abgesagt und so dient eine Gitarre als Ersatz. Ich bin ziemlich müde und auch kein großer Freund von Gesang am Lagerfeuer, so verziehe ich mich in mein Zelt, wo ich nur von Zeit zu Zeit vom Lärm der nächtlichen Runde geweckt werde.
Gegen 6 Uhr früh werde ich wach, mache eine kleine Runde über den Naturlagerplatz und baue mein Zelt ab. Volkmar schläft in einem Holzhaus nebenan, wie vereinbart wecke ich ihn um 7 Uhr.
Nach einem Kaffe geht es auf den Heimweg.
Jetzt fahren wir auf dem linksseitigen Oderufer auf dem sehr gut ausgebauten Oder-Neiße-Radweg nach Süden.
In vielen Dörfern sieht man Schilder und Transparente gegen Atomkraft.
Zuerst riecht man es, dann sieht man es: das PCK Schwedt.
In Criewen am Schloß machen wir eine längere Rast, Volkmar hat mit den üblichen Folgen des Aufrechtfahrens zu kämpfen und macht eine Runde durch den Lenne-Park.
Das Oderhochwasser ist noch nicht auf seinem Höchststand.
Schafe sind eine nützliche Sache - wenn nur nicht die Hinterlassenschaften wären :-((
In Niederfinow am Schiffshebewerk wollen wir eigentlich irgendwo einkehren, aber es ist Pfingstsonntag und proppevoll.
Auch ist die Ecke hier wegen den Hügeln und Kurven bei Motorradfahrern sehr beliebt und wir fahren lieber weiter. In Werneuchen bekommen wir dann endlich an einem Imbiß etwas zu Essen und Trinken.
In Seefeld fährt Volkmar weiter Richtung Ahrensfelde, ich fahre über Hönow nach Hause. So leer wie hier auf dem Bild ist die Dorfstraße nur ganz selten.
Die erste Mehrtagestour in diesem Jahr bot neben viel Regen auch viel Sonne. Der Beinahe-Sonnenbrand ist nach fast 290 Kilometern in zwei Tagen die einzige Nachwirkung der Tour bei mir, Volkmar wird wohl in den nächsten Tagen beim Sitzen öfter daran erinnert werden, dass so ein Sattel nicht als Dauersitzgelegenheit taugt.
Überrascht hat mich bei der Hinfahrt die recht hüglige Landschaft auf der polnischen Seite, die wesentlich interessanter war als das Fahren auf dem Deich auf der deutschen Seite.
Hier noch die Tracks:
Hinfahrt
Rückfahrt

2 Kommentare:

  1. schöner bericht. und immer wieder fein, meine alte heimat zu sehen! :o)

    liebe grüße, L

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  2. Ja, ist ja auch meine Hauptreiserichtung. Wobei das Oderbruch selbst totlangweilig wäre, gäbe es nicht die hügligen Ränder.
    Vorgestern sind wir noch dichter an Neuhardenberg vorbeigeschrammt :-)

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