Eine angeregte Unterhaltung per Twitter am Samstagabend über verschiedene Biersorten hat meinen Appetit auf ein frisch Gezapftes nicht unerheblich gesteigert. Was liegt da näher, am nächsten Tag das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden und eine Radtour zu einer Brauerei zu machen. Gesagt getan, Brauereien gibt es zwar genug, aber nur wenige in landschaftlich schöner Umgebung. So fällt meine Wahl auf Neuzelle, das liegt am Mönchsradweg und dort gibt es ein sehenswertes Kloster und eine kleine Brauerei, die sich schon seit Jahren erfolgreich gegen die Übernahmeversuche der Großen in der Braubranche zur Wehr setzt. Die Brauerei hatte ich bei einem früheren Besuch bei einer Führung kennengelernt.
Die Strecke lade ich mir beim "Radnavigator Brandenburg" herunter und speichere sie auf meinem Garmin. Teilweise soll es über unbefestigte Wege gehen und so tausche ich vorsichtshalber die schmalen profillosen Conti GrandPrix gegen breitere ContiContact. Ein Umstieg auf breitere Reifen steht wegen der geplanten Mehrtagestour über Himmelfahrt sowieso an.
Ich bin Sonntag sehr früh aus dem Bett gefallen und schon kurz nach 8 Uhr am Bahnhof Müllrose. Ich fahre erst einmal zum großen Müllroser See und gönne meinem Hoppi etwas Sonne. Hier führt auch der Mönchsradweg entlang, dem ich jetzt in das Schlaubetal folge.
Anfangs rollt es prima, doch dann passiert das, was leider zu oft passiert, der anfänglich gute Wegzustand verschlechtert sich innerhalb weniger Kilometer dramatisch. Da tröstet auch der schöne Blick über den See nicht. Zum Umdrehen bin ich schon zu weit gefahren und so ziehe ich schlingernd und schiebend durch den Wald und ärgere mich über die Schreibtischstrategen, die, wenn überhaupt, den Weg nur mit einem Geländewagen abgefahren haben können.
Was zuviel ist, ist zuviel. Selbst Mönche in Sandalen würden hier aus dem Fluchen nicht mehr herauskommen.Endlich Land in Sicht, der Trampelpfad mündet in einen asphaltierten Radweg, der zur Ragower Mühle führt. Wegen der frühen Stunde ist aber noch alles dicht, nur ein einsamer Rennradler poltert über das Plaster. Rennradler sind doch allergisch gegen schlechte Wege? Das gibt mir Hoffnung, und tatsächlich, nachdem ich mich die paar Höhenmeter aus dem Tal herausgearbeitet habe, wechselt der Straßenbelag zu 1a Asphalt.
Endlich rollt es richtig und ich komme zum Forsthaus Siehdichum, hier ist schon mehr los, ein paar Hotelgäste haben gefrühstückt und bringen ihre Koffer zum Auto. Ein kleines Mädchen auf einem Kettcar hat Interesse an meinem ungewöhnlichen Fahrrad und nervt ihre Mami mit Fragen.
Vom Forsthaus führt eine Straße runter zum "Kleinen Schinkensee" (wie er wohl zu diesem Namen gekommen ist?), der Fahrbahnbelag wechselt wieder auf Kopfsteinpflaster. Nach kurzem Fotohalt fahre ich weiter, jetzt muß ich aus dem Schlaubetal heraus, was mit einigen Höhenmetern verbunden ist. Dazu noch das Pflaster, so anstrengend hatte ich mir meine kleine Bierrunde nicht vorgestellt. Irgendwann ist auch das geschafft und nun folgt die Mönchsroute wenig befahrenen Straßen, oft auf separatem Radweg.
So langsam kommt mein Tagesziel in Sicht, Neuzelle.In Vorfreude auf den kommenden Biergenuß drehe ich eine kleine Runde um die Klosterkirche und die schönen Anlagen und steuere dann die Klosterklause direkt neben der Klosterbrauerei Neuzelle an. Draußen sind noch jede Menge Plätze frei und ich studiere schon mal die Getränkekarte. Gute Auswahl, Bitburger, Wernesgrüner, ja, und, wo steht Neuzeller? Ah, hier bei FLASCHENBIER, waas??? :-O
Sicherheitshalber frage ich noch die Bedienung, ob es wirklich kein Neuzeller vom Faß in der Klosterklause gibt. Nein, das sei zu teuer. Und das, wo die Brauerei nicht mal 50 Meter entfernt ist. Es ist eben eine kleine Brauerei, die den Großen schon lange ein Dorn im Auge ist und nicht in riesen hektolitergroßen Braukübeln computergesteuert zig Sorten Massenbier herstellt. Deutschland, Deutschland, wo ist deine Bierkultur? Wenn das so weiter geht, trinken wir bald Bitburger und Krombacher Made in China. Die Bedienung zuckt mit den Schultern, sie kennt nicht mal Landskronenpils aus Görlitz.
Hier ist wirklich Hopfen und Malz verloren und so mache ich schnell, daß ich wegkomme. Meine Hoffnung, ein frisch gezapftes Neuzeller Klosterbräu zu bekommen, hängt jetzt an einer der Kneipen in den Dörfern, die ich auf meiner Rückfahrt noch durchfahre. Erst mal muß ich wieder einige Höhenmeter aus dem Odertal raus, überhaupt ist es hier für Brandenburger Verhältnisse ganz schön wellig.
In einem Dorf endet meine Odysse an einem Gasthof mit dem langersehnten Schild. Draußen ist kein Mensch zu sehen und so entere ich die Kneipe. Die Frau am Tresen hat zwar nur den "Schwarzen Abt" anzubieten, das ist aber besser als gar nichts und so mache ich es mir draußen mit meinem Hoppi gemütlich.Weiter geht es auf leeren Straßen und immer schön auf und ab. Kurz vor Müllrose steht am Straßenrand ein Hinweisschild auf die Ragower Mühle, an der ich heute früh vorbeigekommen bin. Irgendwie habe ich noch Lust auf ein zweites Bierchen und so nehme ich den sandigen und steinigen Weg zur Mühle auf mich.
Hier gibt es Hasseröder -aus einem Becksglas. Na prost Mahlzeit!
Diesmal fahre ich von der Mühle den gut geteerten Radweg nach Müllrose zurück und lasse den Mönchsradweg links liegen. Kurze Zeit später bin ich dann wieder am Bahnhof, ziemlich geschafft nach nur 73 Kilometern und knapp 400 Höhenmetern. Irgendwie muß sich da Bikemap irren, ich hätte das doppelte geschätzt. Ob es am Bier liegt? Dem Mönchsradweg bin ich nur bis Neuzelle gefolgt, von da ab hat mich die OSM-Karte in meinem Garmin ohne böse Überraschungen zurück nach Müllrose geroutet. Hier noch die Strecke.
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